Arno Breker „Löwenbastion“

Der Dichter, Musiker, Graphiker und Rezitator Uwe Nolte ist ein Vertreter der deutschsprachigen Neofolk-Szene (vgl. Mitteilungen Nr. 7 / Sommer 2014) und in der Vergangenheit besonders mit seinem Bandprojekt ORPLID in Erscheinung getreten. Als Dichter ist er ein Schüler von Rolf Schilling, mit dem er auch ein gemeinsames CD-Projekt realisiert hat. Noltes zweiter Gedichtband „Wilder Kaiser“ erschien 2014 im Verlag Arnshaugk. Für den Jahreswechsel 2015/2016 ist zudem ein Bildband angekündigt, in dem Nolte einen Querschnitt über sein bisherigen Wirken präsentiert. Wir haben den Künstler zu seinem Verhältnis zu Arno Breker befragt.

Welche Bedeutung  hat oder hatte das Schaffen Arno Brekers generell  für Ihre Arbeit als Dichter, Musik und bildender Künstler?

Brekers Werk und Walten haben heutzutage keinen unmittelbaren Einfluss auf mein Werk. Als ich jung war und mein Herz noch zu laut schlug, ließ ich mich allerdings gern von Brekers Darstellungen des Heldentums verführen. Insofern hat er das Recht, als Inspirationsquelle genannt und gewürdigt zu werden. Jetzt, wo sich Ares und Eros halbwegs die Waage halten, spricht die Gestalt des Barberinischen Fauns deutlicher zu mir. Sie wirkt ausgeglichener und zeitloser. Mensch und Gott begegnen sich in ihr deutlicher, ganz dicht am Saum ihres getrennten Seins. Dieses Werk atmet Vollkommenheit.

Gibt es Arbeiten von Ihnen, die direkt oder indirekt vom Schaffen Arno Brekers und seiner Haltung als Künstler beeinflußt sind?

Sicherlich war ich bei dem Gedicht „Neofolk-Veteran“ nah an Brekers Verwundeten, aber auch ansonsten bewege ich mich ja in einer ähnlichen traditionellen Linie. Das geschieht ganz unbewußt. Man muss nur anständig und stilbewusst bleiben, sich nicht vom Zeitgeist verführen lassen, dann ist man sich, Breker, sprich dem „Ewig Schönen“ treu.

NEOFOLK-VETERAN

Der Vater aller Dinge
Rief dich zu sich! du gingst
Zu ihm, zum Ring der Ringe,
Bis du sein Heil empfingst.
Den Kampf hast du genossen,
Da Jugend dich beschlich:
Die Kugeln sind verschossen –
Nur eine bleibt für dich.

Mit Tarnfleck, straffem Scheitel,
In Stiefeln, stets geputzt,
Mit Versen, stark, doch eitel,
Von Liebe ungestutzt,
Zogst du ins Feld, verdrossen:
Dir einzig Ares glich!
Die Kugeln sind verschossen –
Nur eine bleibt für dich.

Du hast den Traum getragen
Als Banner durch den Sturm
Aus Lüge und Entsagen,
Allein, von Turm zu Turm.
Dein Traum! er ist zerflossen,
Die Zeit des Kriegs verstrich.
Die Kugeln sind verschossen –
Nur eine bleibt für dich.

Verwundet, ohne Jammer,
Liegst du in Blut und Dreck,
Der Altersmilde Hammer
Erfüllte seinen Zweck:
Zerstampft von Flügel-Rossen,
Dein Sehnen frei entwich:
Die Kugeln sind verschossen –
Nur eine bleibt für dich.

Dein Brot brachst du mit Maden,
Dir selbst blieb nichts, Vagant!
Wo sind die Kameraden?
Geflohen, gar verbrannt
Im Rad aus Fron, von Trossen
Gegeißelt bürgerlich?
Die Kugeln sind verschossen –
Nur eine bleibt für dich.

Der Sold ist längst versoffen.
Dein Puls wird leiser und
Es rinnt ein letztes Hoffen
Als Rinnsal aus dem Mund.
Der Runen Sternensprossen
Geweihter Glanz verblich:
Die Kugeln sind verschossen
Nur eine bleibt für dich.

Nicht Morphium kann dich retten!
Der blauen Blume Halm
Zerbrach, verdorrt in Ketten
Von Zigarettenqualm.
Dein Horizont begossen
Von Schnaps, verkam zum Strich:
Die Kugeln sind verschossen
Nur eine bleibt für dich.

Wird dich ein Engel finden?
Zu dunkel ist es schon!
Bald gehst du mit den Winden
Als unerkannter Sohn
Des Himmels dir verschlossen,
Zerschrammt von Suff und Stich:
Die Kugeln sind verschossen
Nur eine bleibt für dich.

Dich kann kein Wort befreien
Von deiner Weise Bann!
Hörst Du die krähen schreien?
Du bist ein toter Mann.
Sie kreisen, reich an Possen,
Frohlocken, streiten sich:
Die Kugeln sind verschossen
Nur eine bleibt für dich!

Wie bewerten Sie persönlich das Werk Arno Brekers?

Handwerklich und künstlerisch ist Breker ein Meister ersten Ranges. Sein Schaffen ist beispiellos und wird seine Berechtigung im Wandel der Zeit nicht nur erhalten sondern auch ausbauen. Mir persönlich ist Brekers Gesamtwerk aber zu unausgeglichen, zu männlich, harsch und lieblos, was aber eventuell seiner etwas zu tendenziellen Auftrags-Arbeit während des Dritten Reichs verschuldet ist. Wenn er jedoch ins Verspielte, in die Nuance der darzustellenden Person driftet, wie es oft bei den Büsten der Fall ist, sagt mir Breker sehr, sehr zu. Er vermag Züge der Persönlichkeit zu zeigen, die hinter der Maske der Physiognomie verborgen sind: das ist die wahre Meisterschaft des Skulpteurs! Man siehe nur Ernst Jüngers oder Salvador Dalís Büste. Vortrefflicher kann man nicht porträtieren. Ich habe großen Respekt!

Könnten Sie  sich vorstellen, sich in Zukunft abermals mit Breker auseinanderzusetzen, in welcher künstlerischen Form auch immer?

Ich lasse mich immer wieder gerne von Sturm, Fels und Blitz – also Brekers Quell, inspirieren. Alles ist so nah beieinander. Kunst und Natur entstammen EINER Feder! Ich muss kein konkretes Werk von Breker sehen, um durch ihn Inspiration zu erfahren. Seine Kunst sehe ich im Geflecht der Wolken, im Geäder eines Fluss-Deltas oder bei Wanderungen im Felsgeröll. Die Kraft seiner Gestalten ist überall, atmet im Elementaren und zeigt sich als schöner Sieg über das Chaos!

Vielen Dank für die Beantwortung unserer Fragen!

„Im Herbst tritt jede Bildung dichter, plastischer hervor. Der Frühling ist Maler, der Herbst Bildhauer. Nicht nur die Früchte beginnen sich zu runden, sondern auch das Laub wird starrer, metallischer. Die Blätter schwellen im Ansatz, bevor sie rosten und sich ablösen. Die Kronen zeichnen sich dunkler und strenger vom Himmel ab. Die Schwalben sammeln sich; der Häher streicht über die Lichtungen.“

                                                                                                        – Ernst Jünger „Subtile Jagden“