Was hat Dich bewogen, mit NolteX einen eigenen Verlag ins Leben zu rufen – warst Du mit der Arbeit von Eis & Licht und Prophecy Productions nicht mehr zufrieden?

Die eigene Kunst in der Öffentlichkeit darzustellen, ist fast genauso wichtig wie die Kunst an sich. Deshalb schwebte mir schon immer ein Eigenverlag vor. Außerdem bringt solch ein Vorhaben neue Inspirationen und Herausforderungen mit sich. Mit Prophecy Prod. bin ich sehr zufrieden und freue mich schon auf die künftige Zusammenarbeit.

Wofür steht das X hinter Nolte im Verlagsnamen?

Es war schon seit Kindertagen eine Angewohnheit von mir, Personen aus meinem engeren Freundeskreis mit der Variabel „X“ zu versehen. So liegt es an jedem selber, mit welchem Wert an menschlicher Potenz er diese Variabel versieht. So erklärt sich auch, warum ein Titel auf einer alten RÜCKGRAT-Scheibe „ArndteX“ heißt. Es war ein Liebeslied für Claudia Arndt. Im Übrigen hat der Verlagsname folgende Bedeutung: Wir stehen noch mit einem Namen für die von uns geschaffene Kunst!

Dein NolteX-Logo läßt mich sofort an den Duce denken – sehe ich da etwa „Gespenster“ oder ist diese Assoziation gar beabsichtigt?

Diese Frage müßte man eigentlich der Künstlerin stellen, die mich als Modell engagierte. Das Signet war ursprünglich für unsere Kampfsport-Loge gedacht. Nachdem der Auftrag platzte, kaufte ich – um ihre junge Agentur zu unterstützen – die Arbeit ab. Vom „Duce“ weiß ich kaum etwas. Nur die Filmsequenz aus einer Wochenschau blieb meinem Bildgedächtnis erhalten: er stand auf einem Balkon vor einer jubelnden Menschenmenge, verschränkte selbstverliebt die Arme und wölbte berauscht vom Jubel der Masse seine Lippen wie ein brünftiges Schimpansenmännchen. Seien wir froh, daß er kein Weibchen nachahmte, denn die entwickeln bekanntermaßen melonengroße Brunftblasen am Hintern.

Deine ersten musikalischen Gehversuche waren SCARDANELLI und RÜCKGRAT, wobei von letzterer Band das Material als Wiederveröffentlichung auf NolteX vorliegt – ist ähnliches auch mit SCARDANELLI geplant und erzähl doch bitte ein wenig mehr über das „sportliche“ Konzept der Band?

Ich war auch schon vor den zwei genannten Projekten bei diversen DM- und GC-Gruppen tätig, aber das war mir einfach zu langweilig. Die eine hieß OVERLORD und ihr „Manager“ wollte, das ich beim Singen einen auf „evil“ mache, die Ansagen grunze und lange Haare haben sollte; eben das volle Klischeeprogramm. Daraufhin opferte ich Onkel Satan beim nächsten Auftritt eine aufblasbare Liebespuppe mit einem Hackmesser. Danach wurde ich „gefeuert“! Tja, das waren etwas schrille Zeiten!

Mit SCARDANELLI wurde es dann schon etwas konzeptioneller und weniger klischeebelastet. Leider haben wir es damals nur bis zum Demo-Status gebracht. Vom laibachmäßigen Konzept und von der Musik her, wäre das sicherlich mit 666prozentiger Sicher- heit etwas für die „schwarze Szene“ gewesen. Es ging im Proberaum recht martialisch und spektakulär einher und fast hätte ich einmal durch meine Feuerspuckerei uns alle den „Mächten der Finsternis“ geopfert. Also das wäre wirklich köstlich „true“ gewesen! Evtl. ist eine Veröffentlichung dieser Tondokumente bei NolteX geplant. Aber gegenwärtig haben wir genug mit der HERMANN HESSE-Liedersammlung, dem neuen BARDITUS- Album und unserem Bühnenprogramm zu tun.

Mit SONNENTAU und BARDITUS gehst Du seit einiger Zeit getrennte Wege von Deinem ORPLID-Partner Frank Machau – wo stehen für Dich dabei die Prioritäten?

Getrennte Wege gehen wir gewiß nicht, denn wenn man so lange Zeit mit jemandem verbracht hat, so viel geteilt hat, wird der andere stets ein Stück von einem selbst bleiben. Außer der Selbstverwirklichung innerhalb des NolteX-Verlages habe ich keinerlei Prioritäten – und Frank ist immer willkommen. Auch andere Künstler und Musikgruppen können bezüglich einer Veröffentlichung oder Zusammenarbeit gerne mit uns in Kontakt treten.

Ich muß gestehen, daß ich von ORPLID so gut wie nichts kenne und was ich bis jetzt gehört habe, ehrlich gesagt nicht ganz so mein Geschmack ist. Ganz im Gegenteil dazu BARDITUS – wie kam es zu diesem erhabenen Projekt und kann ich von dem angekündigten Debüt-Album ähnlich gelagerten Klang erwarten, der mich schon auf der EP „Die letzten Goten“ gefangen nahm?

Ja, wir werden unbedingt bei der Stimmung des Debüt-Albums bleiben, weil dies unserem Gesamtkonzept entspricht. Sollen andere ihr inhaltloses „Yeah, yeah, yeah“ in die Welt säuseln, wir haben Gefühl, Sinn und Kraft zu vermitteln. Der Titel unserer aktuellen Veröffentlichung lautet „Midgards Wölfe kehren heim“ und wie der Name schon verrät, wird es hauptsächlich um „nordische Themen“ gehen. Sogar die Adaption eines Bathorý-Titels haben wir verwirklicht. Auch Meister Ian Read hat seinen künstlerischen Beitrag zum Al- bum geleistet. Wir freuen uns schon sehr darauf, diese Veröffentlichung unserem Hörerkreis präsentieren zu können.

Auf einigen Fotos sieht man Dich im russischen Marine-Unterhemd (auch liebevoll Telnaschka genannt) – hegst Du etwa die gleiche Vorliebe für dieses äußerst kleidvolle Leibchen wie ich und wenn ja, warum?

Bei mir rührt diese von Dir richtig beobachtete Vorliebe von meinen sommerlichen Hiddenseeaufenthalten her, wo ich mich auch in diesem Jahr wieder „neu“ einkleidete. Mich ziehts seit meiner Kindheit jedes Jahr ans Meer; ich liebe seine Weite, sein Rauschen, seinen Duft und es wird gerade wieder höchste Eisenbahn dem deutschen Winter zu entfliehen: Ich gehe bald auf Abenteuer-Tauchreise gen Sinai.

Warum möchtest Du dem deutschen Winter entfliehen – ich dachte Du liebst Deine Heimat über alles?

Auch die emotionalste Bindung muß von Zeit zu Zeit durch eine Dosis Distanz aufgefrischt werden. Man kann sagen, ich fahre in den Süden, um mich wieder zu „norden“ – so wie man es mit dem Kompaß macht. „Über alles“ liebe ich die Heimat gewiß nicht, denn in diesem Fall würde die Liebe blind (für andere Kulturen) machen und somit Kraft nehmen, statt geben. Ich verspüre eine tiefe, aber stille Verbundenheit mit hier gewachsenen Dingen, die sicherlich essentieller ist, als diese „über alles-Liebe“ oder andere deutschtümelnde Stammtischphrasen.

Und wenn ich vom „deutschen Winter“ spreche, dann ist nicht unbedingt von der etwas unbequemeren Jahreszeit die Rede, sondern von Kulturarmut, Gefühlskälte sowie Beamten- und Spießertum, in Form von Schubladen- und Schwarz/Weißdenken. Dem deutschen Michel, diesem kastrierten Idioten, fehlt innerhalb aller Bereiche des Lebens jegliche Form der Nuancierung. Oben & Unten, Stark & Schwach, Links & Rechts, Gott & Teufel, Nutzpflanze & Unkraut, Spießer & Aussteiger…Dieses & Jenes, Platsch & Quatsch: total langweilig ist das! Zu wenige Menschen gibt es, die „jenseits von Gut & Böse“ ihre eigenen Lebensziele verfolgen.

Es ist uninspirierend und strengt sehr an, im teutonischen Kategorisierungsmorast zu leben. Ein Spaziergang durch blühende Korallengärten läßt unsereins die kulturelle Farblosigkeit, sprich das „Konsumentengrau“ und die seelische Armut hiesiger Gefilde vergessen und neue Kraft für künstlerische Vorhaben sammeln.

Und wo wir gerade bei Rußland sind – in Deinem Verlag vertreibst du u.a. auch die wundervoll-melancholischen Fotoarbeiten von Semjon Prosjak – wie bist Du mit seinen Werken in Berührung gekommen?

Andreas und ich haben durch Zufall eine Ausstellung von ihm besucht und waren von seinen Bildern tief beeindruckt. Er war als Kind in einem deutschen KL inhaftiert. Wenn man mit diesem Schicksal vertraut ist, begreift man auch die Menschenleere seiner lyrischen Landschaftsbilder, die trotz seiner bitteren Lebenserfahrung eine faszinierende Schönheit ausstrahlen. Die Begegnung mit diesem Mann und dessen Kunst hat uns sehr bewegt!

Mit der Eichendorff-Liedersammlung hast Du ein thematisch geschlossenes, aber musikalisch sehr abwechslungsreiches Konzept durchgeführt, welches bald mit „Hesse“ fortgesetzt werden soll – öffnet so etwas neue Türen und wie wurde die CD bisher angenommen?

Die Eichendorff-Liedersammlung – wie auch alle anderen Dinge die wir bei NolteX produzieren – richtet sich an ein waches, literaturinteressiertes und kulturbewußtes Publikum. Das dieses Publikum uns findet – und umgedreht auch – ist eins unserer Hauptanliegen. Insofern haben sich in den letzten Monaten tatsächlich einige neue Türen geöffnet, was die Erweiterung unseres Hörer-, Künstler- und Freundeskreises betrifft.

Mit der Hermann Hesse-Liedersammlung werden wir sicherlich weiter erfolgreich diesen Pfad beschreiten und jenen Hörern eine Freude bereiten, die Inhalt & Stimmung in der Musik suchen. Wir wollen bei NolteX nicht nur auf Plastescheiben gepreßte Klänge verhökern, sondern ein Gefühl für (die eigene) Schönheit & Herkunft sowie Wissen vermitteln. Auch unsere Internetz-Präsenz noltex.de soll dies zum Ausdruck bringen.

Für LEGER DES HEILS warst Du schon graphisch tätig – was magst Du an dieser Musik bzw. schätzt Du an der Person hinter dem Projekt? Ich finde ehrlich gesagt die Musik und vor allen den Gesang furchtbar…

In diesem Fall kann man getrost von aktiver Nachbarschaftshilfe sprechen. Mario A. wohnt keine zehn Fußminuten von mir entfernt und für mich war es selbstverständlich auszuhelfen, weil ich ihn mag. Die Musik ist mir zu elektronisch, aber wenn man meine musi- kalischen Favoriten anschaut, verwundert dies eh kaum. Um Gefallen und Nichtgefallen gehts uns sowieso nicht, denn wir helfen gerne & immer anderen deutschsprachigen Projekten, sofern sie uns förderungswert erscheinen.

Es ist schon seit einiger Zeit ein neues ORPLID-Werk angekündigt – wo und wann wird dieses denn nun erscheinen und was erwartet dabei den geneigten Hörer?

Das aktuelle Album „Sterbender Satyr“ wird in CD-Form Anfang nächsten Jahres über Prophecy Prod. erscheinen und die Vinyl-Version (mit Extra-Grafik und Bonus-Titeln) zum Album bringen wir mit ihnen gemeinsam auf den Markt. Die Musik hat einen absolut neuen Charakter gewonnen! Völlig unübliche Einflüsse und Klangwelten entfalten ihre suggestive Wirkung. Wir werden mit Sicherheit einige alte Hörer verlieren – aber eben auch neue Kunstfreunde gewinnen. Ich möchte aber vorerst die Musik nicht weiter sezieren und erklären. Mir ist es auch letztlich gleich wie sich dieser musikalische Stil nennt, wenn meine schriftlich manifestierten Gefühle nur gut reflektiert werden und das Endergebnis – wie in diesem Fall – stimmt.

Autofahrer oder sexuell erregte Personen hinterfragen ja auch nicht irgendwelche technischen Details, sondern sind um eine harmonische Verkehrsteilnahme ohne Unfall bemüht.

Entgegen früheren Bekunden soll nun doch altes ORPLID-Material wieder zugänglich gemacht werden – in welchen Rahmen wird dieses geschehen und wie kam es zu diesem Sinneswandel?

Wir werden bei NolteX einige verschollene Aufnahmen und Beiträge zu raren Kompilationen unter dem Namen „Frühe Werke“ veröffentlichen. Uns war die Produktion nicht gut genug gelungen. Dies befanden wir zumindest damals. Jetzt, wo jeder von uns genug andere Dinge gemacht hat, sind diese Aufnahmen für uns wichtige Zeitdokumente, mit deren Herausgabe wir die erste ORPLID-Ära abschließen wollen. Es ist ein Dankeschön an die Freunde unserer Kunst aus Anfangstagen.

Ich habe gelesen, daß Du auch an einigen Kinderbüchern mitgearbeitet hast – hast Du eigentlich selbst Kinder bzw. den Wunsch danach?

Wenn ich ein Kind mag, dann das in mir und heutzutage ist es doch so, daß man zumeist genau dieses „innere Kind“ dann opfern muß, wenn man leibliche Kinder bekommt. Die zwangsläufige Verantwortung zwingt in das Hamsterrad der Alltagsmühle. An und für sich finde ich aber Kinder reiz- und sinnvoll!

Mit einer starken, eigenständigen und Freiheit gewährenden Frau, könnte ich mir das durchaus vorstellen. Diesbezügliche Bewerbungen (bitte mit Bild & Angabe des Kontostandes) nehme ich deshalb gerne entgegen. Zwar wurde in den letzten Jahren öfter ein Kinderwunsch aus weiblichen Verehrerkreisen an mich heran getragen, aber die menschliche Substanzlosigkeit dieser Techtelmechtel veranlaßte mich nicht meiner Erstfrau, der Kunst, untreu zu werden – ihr allein gehört meine vollkommenste Liebe. Sie fordert und inspiriert mich – und gebärt unsterbliche Kinder: Lieder, Gedichte, Bilder…

Hast Du derzeit musikalische Favoriten im populär-musikalischen Bereich und was sind Deine 5 wichtigsten musikalischen Werke für die Ewigkeit?

Es ist natürlich schwer „Geschmack“ mit einer Reihenfolge zu belegen, aber ich versuche es mal:

Aktuell:
1. Holy Martyr „Hail to Hellas“
2. Joan Baez, diverse Lieder
3. Battleroar „Battleroar“
4. Immortal „Blizzard Beasts“
5. Manowar „Into glory ride“

Allgemein:
1. Manowar „Hail to England“
2. Neil Young „Decade“
3. Fire & Ice „Hollow ways“
4. Led Zeppelin, diverse Lieder
5. Slayer „Reign in blood“

Eventuell bietet sich an dieser Stelle die Erwähnung einer Anekdote an; Ich ließ testamentarisch festlegen, daß zu meiner Beerdigung „Battle Hymns“ von MANOWAR erklingt. Nie hatte ein Lied eine stärkere Wirkung auf mich. Es ist sicherlich mit der ersten großen Liebe vergleichbar: man vergißt sie nie. Das sind Klänge wie ich sie schätze: heroisch, hymnisch, kämpferisch und lyrisch. Auch mit BARDITUS verfolgen wir – nur mit anderen Stilmitteln – diese Linie. Von MANOWAR selbst mag man halten was man will; bei einem Bäcker interessiert mich ja auch nicht, welchen Bildungsgrad er hat, solange seine Produkte mir schmecken.

Siehst Du Dich als Bestandteil der Neofolkszene, bzw. hörst Du privat diese Musik?

Ich hatte mit der Stigmatisierung zum „Neufolker“ schon immer meine Probleme. Gerne unterstütze ich künstlerische Gefährten wie Andreas R. oder Mario A. oder arbeite mit Ian R. zusammen, der für unsere Hermann Hesse-Liedersammlung bei uns zu Gast ist, aber ansonsten bietet diese Musiksparte zu wenige sprachliche Nuancen, ja überhaupt künstlerischen Inhalt. Dieser Mangel soll dann oft mit einer provokativen Symbolik wett gemacht werden.

Von da ab ist es nur noch ein kleiner Schritt bis zum dümmlichen „Provo-Rock“ Marke „Neue Deutsche Härte“ oder dem üblichen „Casting-Müll“, der von Plastik-Menschen für Plastik-Menschen produziert wird. Also kann man nicht unbedingt von einer kulturellen Bereicherung sprechen, was das Wirken dieser „elitären Musiksparte“ anbelangt. 2-3mal „Europa“ oder andere ausgelutschte nonkonforme Reizwörter ins Mikro flüstern, rettet das in jeder Hinsicht mittelmaßgebeutelte Abendland gewiß nicht vorm kulturellen Niedergang.

Außer Forseti oder Fire & Ice höre ich kaum Musik die der Sparte „Neofolk“ entspricht. Ansonsten mag ich aber auch Folk- und Liedermachermusik, so z.B. Gerhard Schöne, „Karl Stülpner“, diverse Wandervogelvereine, Ougenweide, einige Titel von Loreena Mäck-Dingsbums und seit einigen Monaten höre ich mit Vorliebe Joan Baez, jedoch nicht den politischen, sozial engagierten Kram, sondern ihre altenglischen Weisen.